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Home/ Interviews/ Ilya & Emilia Kabakov



Iring Fetscher
Michael Hardt
Ilya & Emilia Kabakov
Slavoj Zizek
Peter Bürger
Alfred Hrdlicka
Wolfgang Fritz Haug
Jonathan Meese




 

Intro/ Interview/ Biografie/

Obgleich ich Ilya Kabakov nie persönlich kennen gelernt habe, glaubte ich immer, ihn gut zu kennen. Seine Arbeiten – vor allem aber die langen Gespräche, die Boris Groys und er („Die Kunst des Fliehens“ und „Die Kunst der Installation“) in den 1990er Jahren geführt haben – vermittelten mir das Bild eines Künstlers, der sehr stark von der ideologischen Welt der Sowjetunion geprägt ist: nämlich dem Marxismus-Leninismus und dem Stalinismus als real existierendem Sozialismus bzw. als dem, was die reale Trostlosigkeit im sowjetischen Alltag ausgelöst hatte.
Es lag also nahe, mit ihm und seiner Frau Emilia, mit der er seit 1989 häufig zusammenarbeitet, ein Interview über Karl Marx und den Kommunismus zu führen. Auf meine Anfrage folgte auch prompt eine Antwort. „We will participate in the interview & in the exhibition. I cannot answer you through email, because I cannot type. Send us your fax number“. Die weitere Kommunikation erfolgte über ein Fax-Gerät. Wir wollten uns während des Aufbaus ihrer Ausstellung „Palast der Projekte“ in der Kunsthalle Bielefeld treffen. Von Emilia Kabakov erfuhr ich, dass Ilya zwar ein bisschen Deutsch verstehen würde, Englisch jedoch nur sehr schlecht sprechen und verstehen könne. Ihr Englisch sei aber gut, da sie seit über zwanzig Jahren in New York wohne. Leider konnte ich diesen Termin nicht einhalten und hätte das Treffen verschieben müssen, deshalb schlug Emilia vor, ihnen die Fragen per Fax zukommen zu lassen. Was anfänglich keine gute Lösung zu sein schien, erwies sich im Nachhinein als genau richtig. Allerdings waren die ersten Antworten eher enttäuschend, eigentlich sogar ein bisschen entmutigend. Beide konnten sich nicht erinnern überhaupt je etwas von Marx gelesen zu haben, sie würden sich einfach nicht für Karl Marx interessieren. Emilia antwortete übrigens immer handschriftlich und schwer entzifferbar auf den Ausdrucken meiner Fragen. Selbstverständlich hatte ich nicht nur Fragen zu Marx formuliert, sondern auch einige zur Utopie, der Kommunalwohnung, den Gespenstern des Kommunismus oder zum „Palast der Projekte“. Aber da fielen die Antworten bis auf zwei oder drei sehr schöne Stellen genauso wortkarg aus. Vermutlich lag es an der Unpersönlichkeit der gewählten Form und vermutlich waren beide viel zu beschäftigt, um ausführlicher antworten zu können. So wie das Interview war, konnte ich es auf jeden Fall nicht lassen. Also entschloss ich mich einfach, ihnen weitere Fragen zu schicken und jetzt geschah genau das Gegenteil: In unzähligen Faxen begann ein reger Gedankenaustausch mit wirklich anregenden und langen Antworten, so dass durch das anfängliche „We simply were never interested in Marx´ works“ das Gespräch eine sehr originelle Wendung nahm und mein bisheriges Bild von Ilya Kabakov „melancholisch, aber witzig, schlagfertig und immer treffend“ sich wiederherstellte. Die Rolle von Emilia Kabakov war mir im Vorfeld auch nicht immer klar gewesen. Auf der einen Seite trat sie häufig in den Hintergrund und vermittelte nur das Gespräch und den Schriftverkehr, andererseits war es ihr wichtig, dass das Gespräch ein Interview mit dem Künstlerpaar Ilya und Emilia Kabakov ist. Nun betreffen viele der Antworten ihre gemeinsame Arbeit und die Fragen waren von mir natürlich auch dahingehend gestellt worden. Die etwas antiquierte Form des Fax-Interviews erwies sich in diesem Fall als sehr geeignet, nicht zuletzt, weil sie über die tatsächliche Zusammenarbeit und die gewählte Lebensform der beiden mehr auszusagen vermag, als jedes Gespräch vor Ort.